Aus der Ehe meiner Urgrosseltern Karl Friedrich Allstädt und Emma Schäfer sind bis 1925 sechs Kinder hervorgegangen. Für damalige Zeiten nicht ungewöhnlich starben 2, eine Mädchen und ein Junge, bereits im Kindesalter.
2 verbleibende Söhne zogen in jungen Jahren in den Krieg. Der älteste Sohn, Feldwebel Karl Alfred, musste mit seinem Grenadier-Regiment tief in den Osten. Nach Einsätzen u.a. in Leningrad (1943), wurde sein Regiment durch die russische Offensive 1944 stetig westwärts bis zur Narew (Ostpreußen) gedrängt. Im September 1944 gab es in dem Dreieck Ostenburg (Pultusk), Serock und Nasielsk schwere Kämpfe bei denen die Russen vorerst strategisch wichtige Brückenköpfe westseitig der Narew bilden konnten. Das Regiment wurde zur Verteidigung einer kleinen Ortschaft am Narew eingesetzt, konnte aber zum 6. September 1944 der Übermacht keine Widerstand mehr entgegen und bringen wurde überrant. Seit diesem Tag ist Karl dort vermisst. Bis zum Januar 1945 blieb es dann bei kleineren Kämpfen in der Region, zu diesem Zeitpunkt trat der Gegner zu neuen Angriffen an, bei denen bis April 1945 nahezu die komplette Divison während der Rückzugskämpfe bis Danzig vernichtet wurde.
Ein in den 70er Jahren in Auftrag gegebenes Gutachten beim Deutschen Roten Kreuz, kam zu dem Schluss, dass Karl bei den Kämpfen gefallen ist.
Sein jüngerer Bruder, der Panzerfahrer und Gefreite Werner, fiel nur 10 Tage vor seinem 20sten Geburtstag im Januar 1945 ebenfalls an der Ostfront.
Zu allem Leid des Vaters, der Mutter und der Geschwister fiel die älteste Tochter und zwei ihrer jungen Kinder bei dem 1. Bombenangriff auf die Stadt Krumpa. Dort war die Wintershall AG Ziel der alliierten Bomber im Jahre 1944.
Somit verblieb nur eine Tochter von sechs, ein vaterloses Kind (heute mein Vater) und zwei Kinder ohne Mutter (Harry und Edith).
Beider Elternteile meiner Urgrosseltern haben 5 ihrer 6 Kinder überlebt. Die einzige verbliebene Tochter der Allstädt's hatte bereits 1934 geheiratet und bis in die 90er Jahre gelebt.
Auzug aus dem 3seitigen Eherenbrief des Kompanieführers Gerd Deckwerth
Sehr geehrte Frau S c h w e n k!
Ich habe die schwere Pflicht, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihr Ehemann Unteroffizier Arthur S c h w e n k, ..., am 07.01.1945 an den Folgen seiner am gleichen Tage ... erlittenen schweren Verwundung in soldatischer Pflichterfüllung getreu seinem Fahneneide für das Vaterland gefallen ist.
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Am frühen Morgen des 7.1.1945 trat die Komapnie im größeren Verbande zum Angriff westlich Budapest auf das Dorf Czakbereny in der Nähe der Stadt Mor an, das von den Sowjets zäh verteidigt wurde. Ihr Gatte führte wie immer seine Gruppe mit vorbildichem Schwung gegen den Feind, so daß es bald gelang, den Gegner zu werfen. Aber Ihr Gatte war während des Angriffs schwer durch M.G.-schüsse verwundet worden.
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Die Verletzungen an der rechten Seite, Lunge und Oberkörper, waren zu schwer gewesen. Ohne lange leiden zu müssen, entschlief er sanft, wie mir vom behandelnden Arzt mitgeteilt wurde.
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In stiller aufrichtiger Teilnahme und in dauernder Verbundenheit grüße ich SieDeckwerth
Leutnant und Kompanie-Fhr.
(Leutnant Deckwerth starb nur 16 Tage später ebenfalls in Ungarn. Arthur hinterliess seine Ehefrau und seine Tochter.)
Zum Hintergrund des Anfriffs auf Budapest
Seit Juni 1944 haben Sowjetische Truppen die Deutschen stetig aus der Ukraine nach Zentral-Ungarn zurückgedrängt. Ende Oktober 1944 verlangsamte sich die Offensive der Sowjets und die Deutschen Truppen sammelten sich in Budapest. Für Josef Stalin sollte die Eroberung Budapests ein Schlüsselsieg sein und am 24.12.1944 fielen sowjetische Truppen dort ein und besetzten ein Straßenbahn-Depot. Zu diesem Zeitpunkt waren rund 1.000.000 Einwohner und Deutsche Truppen umlagert. Die Stadt war eingeschlossen und die Einwohner fielen bei dem Geräusch der anrückenden T-34 Panzer in Panik.
Der Umlagerungsring um Budapest hatte sich am 23.12.1944 weiter geschlossen als die strategische Stadt Szèkesfehèrvàr (südwestlich) eingenommen wurde und somit fiel die Hauptverkehrsstraße zwischen Wien und Budapest bei Biscke unter die Kontrolle der Sowjets. Noch am 24.12.1944 gab Hitler seinem SS Obergruppenführer Herbert Gille den Befehl der Befreiung von Budapest und die vorletzte Offensive der deutschen Kriegsgeschichte begann. Die Operation „Konrad“.
Am 01.01.1945 starteten Teile des IV. SS Panzer-Korps die Offensive „Konrad I“ bei Tata nordwestlich von Budapest. Nach bescheidenen Erfolgen und schweren Verlusten, kam „Konrad I“ nach einer Woche zum Stillstand. Während die Sowjetischen Truppen sich mobilisierten, begann etwas südlicher die Operation „Konrad II“ am 07.01.1945 bei Mòr. An diesem Tag begann früh morgens die Offensive und nach schweren Gefechten fiel mein Großvater Arthur in Czakbereny. Die Offensive wurde bereits nach 3 Tagen abgebrochen.
Im Schutze von „Konrad II“ wurde Konrad III vorbereitet und die Offensive brach am 18.01.1945 früh morgens los. Unter schweren Verwüstungen und Chaos unter der russischen Truppen gelang es nach 2 Tagen bis 50 km östlich der Donau vorzudringen. Es gelang zwar am 23.01.1945 die Stadt Szèkesfehèrvàr zurück zu erobern und am 26.01.1944 kamen Teile der 1. Panzer Division bis auf 25 km an Budapest heran, doch der Mangel an Nachschub von Infanterie und Benzin verlangsamte die Offensive wodurch die anfangs überraschten Sowjets sich neu formierten und die Deutschen Truppen zurückschlugen. In der Schlacht um die Stadt Szèkesfehèrvàr fiel der ehemalige Kommandant von Arthur, Kompanieführers Gerd Deckwerth. Der letztendliche Rückzugsbefehl kam am 29.01.1945 und die Offensive „Konrad“ blieb erfolglos.
Die Verteidiger der Stadt Budapest bekamen durch Leucht- und Radiosignale die Offensive zwar mit, doch mit dem Rückzug der deutschen Truppen sank die Moral. Makabere Schlachten in Budapest folgten und selbst Studentengruppen versuchten die Stadt zu verteidigen. Nach 6 Wochen Dauerkampf nahmen sowjetische Truppen strategische Plätze ein und konnten die verbliebenen Truppen unter Artilleriefeuer nehmen. Zum 10.02.1945 lagen alle strategischen Plätze unter Kontrolle der Sowjets und die Deutschen nahmen einen Tag später einen Ausbruchversuch vor. Mehrere 10.000 suchten irgendwie den Weg aus die Stadt. Sie ließen dabei Tausende von verwundeten, erfrorenen, geschockten, erschöpften und armlosen Soldaten zurück. Am Morgengrauen des 12.02.1945 schwärmten dann Tausende erschöpfter, durch Wald und Schnee stapfender Soldaten Richtung deutscher Linien aus. Einen Tag später war diese „Schlupfstelle“ gestopft. Etwa 30.000 Personen versuchten einen „Ausbruch“ aus Budpest bis zum 14.02.1945, 785 gelang es. Budapest war gefallen, etwas später Wien, 3 Wochen danach war der Krieg zu ende.